Führhundhalter kommen zu Wort

Ralf & Benji

 

Hallo mein Name ist Ralf Simon und ich wurde gebeten, einen Einarbeitungsbericht zu verfassen. Dem komme ich natürlich gerne nach, obwohl ich sagen muss, dass ich vieles nur wiederholen kann was ich bereits in anderen Berichten gelesen habe.

Nun zur Geschichte. Wie so viele Menschen mit RP musste auch ich feststellen, dass man recht häufig auf Unverständnis und Ignoranz stößt und der Blindenstock seine Grenzen hat, vor allem, wenn er nicht wahrgenommen oder schlichtweg ignoriert wird. Davor schützt auch das beste Führstock-training nicht. Auf dem Weg zur Arbeit hatte ich verschiedene Blinde oder Sehbehinderte mit Führhund gesehen und war begeistert wie gut es funktioniert. Da ich mit Hunden groß geworden bin, glaubte ich auch eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, was da auf mich und meine Familie zukommt.

Nachdem zwei Augenärzte, unabhängig voneinander, mich in meinem Vorhaben bestärkt hatten und ich auch ohne Probleme eine Hilfsmittelverordnung bekam, habe ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Blindenführhundschule gemacht. Nach einer umfangreichen Recherche im Internet bin ich fündig geworden und habe mir verschiedene angesehen. Recht schnell hatte ich eine Passende gefunden und ein Angebot über einen Blindenhund inklusive Einarbeitung erhalten. Leider versuchte meine Krankenkasse mit allen Mittel den Antrag abzulehnen. Unter anderem konnte man sich nicht über die AGBs einigen und lehnte die Führhundschule ab. Mit Hilfe eines Anwaltes des RBM (Rechte behinderter Menschen) bin ich nach etlichen Schreiben und Formularen endlich zu meinem Recht gekommen. Allerdings musste ich mir eine neue Führhundschule suchen. Also wieder ins Internet und erneut recherchieren. Damit die Kasse nichts zu meckern hatte, bat ich um eine Liste der akzeptierten Schulen. Die hatte ich zwar nicht bekommen, aber verschiedene Namen und Adressen. Unter anderem die der Blindenführhundschule Haag. Nachdem ich die Webseite ausführlich studiert hatte, war ich überzeugt die richtige gefunden zu haben. Der erste Besuch bestätigte den Eindruck. Ich wurde sehr herzlich und freundlich begrüßt, unter anderem von Trixi (Labrador) und Thor (weißer Schweizer Schäferhund) und einem kleinen Etwas (Rasse und Namen sind mir entfallen, aber es war wohl eine „Fußhupe“ wie man landläufig so sagt), der erschien mir allerdings etwas klein für einen Blindenführhund. Nach einem aufklärenden Gespräch und dem Beantworten meiner Fragen hatte ich mich entschieden. Die Schule war richtig. Nachdem ich Thor kennengelernt hatte, war auch die Rasse bzw. der Hund klar. Ich hatte mich vorher zwar schlau gemacht, hatte aber nicht gewusst, dass es auch weiße Schäferhunde gibt, die als Blindenführhunde eingesetzt werden. Nachdem die Kasse final zugestimmt hatte, gab es noch eine kleine Änderung bezüglich des Hundes. Fr. Haag meinte, Benji wäre der richtige für mich. Die gut gemeinten Ratschläge bezüglich der Einarbeitung, wie „ nehmen Sie sich nichts anderes vor.. die Sache wird anstrengend…“ hatte ich erstmal ignoriert. Nach einigen Monaten Wartezeit war es endlich so weit, die Einarbeitung sollte beginnen.

Und da war er, Celtic’s Benji Blue (er ist nicht blau….), 18 Monate alt, groß und ca. 29 Kg schwer, in Begleitung von Fr. Vilbusch, der Trainerin. Benji ist vom Wesen her freundlich, neugierig und verspielt .

Die erste Woche war größtenteils als Eingewöhnung gedacht. Die ersten Nächte waren schlimm, da Benji unruhig war und uns nicht schlafen ließ. Die größten Probleme waren die Trennung von Fr. Vilbusch und die ungewohnte Umgebung. Mein Tagesablauf war sportlich, ich war zwar von meiner Firma quasi freigestellt, habe aber trotzdem in den Trainingspausen gearbeitet und damit die guten Ratschläge von Fr. Haag ignoriert. Nach einigen Tagen wurde mir klar, auf was ich mich da eingelassen hatte. Da ich immer zu Fuß unterwegs und auch sonst recht fit bin, dachte ich, das macht keine Probleme. Ich wurde allerdings schnell eines Besseren belehrt. Benji ist ein weißer Schäferhund und die Rasse will sich bewegen, wie mir die Trainerin erklärte. Für Benji heißt es immer vorwärts und möglichst schnell. Somit wurden die ersten Ausflüge im Eilschritt durchgeführt und auch später war es ein strammer Fußmarsch. Und das 4 mal am Tag, und bis zu 12 Km.

Die ersten Ausfälle gab es nach wenigen Tagen, ich hatte Blasen an den Füßen und war fix und fertig. Und Benji, kaum waren wir zu Hause, wollte er wieder raus. Ein anderer Umstand war der Marsch durch das Feld, bei Wind und Wetter, das hieß oft, Jeans nass und in die Wäsche. Ich musste feststellen, dass ich überhaupt nicht auf diese Situation vorbereitet war. In der folgenden Woche habe ich mich erstmal mit vernünftigem Schuhwerk und mit einer Softshell Hose versorgt. Eine gute Investition!! Danach ging es wesentlich besser, mit den Füßen (die Softshell Hose war auch sehr praktisch).

Die ersten Trainingseinheiten waren recht anstrengend, aber sehr lehrreich. Als Hundeführer muss man viel lernen, z.B. das Wesen des Hundes, die Kommandos usw. Fr. Vilbusch hat den Stoff sehr gut rüber gebracht. Erschwerend kam hinzu, dass Benji, wenn ich ihm ein Kommando gab, jedes Mal bei ihr „nachfragte“ ob es auch ok ist.

Die ersten Trainingseinheiten mit Geschirr waren auch sehr ungewohnt. Benji war wohl froh, dass er mal zeigen durfte wo es lang geht und das mit Tempo, teilweise kam ich kaum mit. Wie bereits erwähnt, hatte ich ja die Ratschläge nicht ernst genommen. Was ich überhaupt nicht im Fokus hatte, war der Umstand, dass ich nicht nur körperlich sondern auch mental gefordert wurde. Da ich kaum noch Gesichtsfeld habe, bin ich es gewohnt die gesamte Umgebung „abzuscannen“, jetzt kam noch der Hund dazu, den musste ich im Auge behalten und zur rechten Zeit das richtige Kommando geben. Zusätzlich war da noch die Trainerin, die hinterher lief und korrigierte oder kommentierte. Das Resultat war, ich war abends total platt, geistig wie körperlich. Ich hätte nie gedacht, wie anstrengend das sein kann.

Nach einiger Zeit wurde es immer besser, Benji hörte auf mich (auch ohne nachzufragen) und wir passten uns einander an. Auch die Nächte wurden ruhiger. Nach einer Woche allein ohne Trainerin funktionierte es sehr gut. Dann war Fr. Vilbusch wieder da und es funktionierte erstmal gar nichts mehr. Das legte sich nach ein paar Tagen wieder. Leider hat Benji ein „etwas“ höhere Grund-geschwindigkeit und dazu auch „Allrad“, es hat lange gedauert bis er einigermaßen angepasst an der Leine / Geschirr lief. Benji hat eine sehr freundliche Art und einen ausgeprägten Spieltrieb. Es war nicht einfach, ihn davon zu überzeugen, dass es im Geschirr nicht unbedingt angebracht ist, andere Hunde zu begrüßen oder dem Eichhörnchen hinterher zu jagen. Man braucht viel Geduld und Ausdauer und muss sehr konsequent sein.

Es war sicherlich nicht so einfach, vor allem da ich noch ein „Restsehen“ habe, aber wir haben es geschafft. Am Ende waren Fr. Vilbusch und ich uns einig, dass Benji und ich die Gespannprüfung bestehen werden. Dank der Krankenkasse dauert es wieder einmal etwas länger bis der Termin für die Prüfung feststand.

Und dann kam die Prüfung. Es war interessant, wie Benji auf die Situation reagierte. Um den Hund nicht zu irritieren, liefen die Prüfer ca. 50 m hinter uns her, Benji hat sie trotzdem bemerkt. Das Resultat war ein nervöser Hund, der (z.B.) plötzlich nicht mehr gehorchen wollte. Ich hatte vormittags noch das Ablegen geübt und es hat alles funktioniert. Bei der Prüfung wollte Benji nicht liegen bleiben. Der Rest lief mehr oder weniger gut ab. Benji wurde auf meine Bedürfnisse trainiert und da ich nicht vollblind bin, lief das etwas anders, also nicht so wie es die Prüfer gerne gehabt hätten. Das Resultat war aber doch positiv, die Prüfung war bestanden.

Als Resümee kann ich nur sagen, die Entscheidung mit dem Hund war richtig. Es hat zwar Zeit und Nerven gekostet, aber nach einer gewissen Eingewöhnungszeit (für uns beide) lief es immer besser, Ich musste viel lernen und es war anstrengend, aber es hat Spaß gemacht.

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